Heute war ein Tag Ruhe angesagt. Zum Einen um die 3 harten Anfangsetappen ein wenig zu verdauen und meinen Beinen eine kurze Regenerationsphase zu goennen, zum Anderen aber auch um ein klein wenig Bilbao kennen zu lernen. So oft kommt man ja doch nicht in die Gegend.

Obwohl ich ja nicht so sehr der Museums-Junky bin hab ich mir dann doch ganz fest das Guggenheim Museum vorgenommen. Also heute mal ein wenig ausschlafen und dann nach dem Fruehstueck entspannt mit dem Bus oder der Strassenbahn in die City. Entspannung ist aber wie alles im Leben relativ, denn hier in der Herberge ist auch ein ausgesprochen “nettes” Ehepaar aus Tirol. Er, Typ Almbauer, ist ein ganz ruhiger Geselle. Alles was er nicht redet holt seine Frau doppelt und dreifach nach. Sie ist Amerikanerin, die schon 30 Jahre in Oesterreich lebt, also Arnold Schwarzenegger in umgekehrt!  Sie spricht ein Oesterreichisch mit stark amerikanischem Akzent bzw. ein Amerikanisch mit stark oesterreichischem Akzent. Da sie die Grundsprache Oesterreichisch (mit Ami-Akzent) staendig mit amerikanischen Vokabeln (in oesterreichischem Singsang) mischt, wird daraus schnell eine dritte Sprache, die ich nur mit grosser Muehe verstehe. Das interessiert die Dame aber herzlich wenig, denn sie ist versessen darauf JEDEM hier staendig alles nur erdenkliche zu erklaeren. Jeder der sich outet, dass er entweder englisch oder deutsch oder idealerweise beides spricht, ist sofort dran. Ruhe und Entspannung gibts nur wenn sie nicht in der Naehe ist. Dieser Zustand ist aber gar nicht so leicht herbeizufuehren. Solche Menschen sind wie durch Geisterhand immer irgendwie ”in der Naehe”.

Ich gehe also heute Vormittag entspannt an die Bushaltestelle und…. genau…. Frau “Oetzi-Ami” sitzt mit ihrem Peter auch schon dort. “Wo willst du hin?” war die erste Frage. Ich gehe auf der Strassenseite an die Bushaltestelle auf der der Bus Richtung Stadt faehrt, wo werde ich wohl in Bilbao morgens um halb zehn dann hin wollen?  ”Ins Zentrum” war meine Antwort und als ob sie sicher gehen wollte ob ich es auch ernst meinen wuerde, kam von ihr ” du willst also fahren in the city?” ” Ja, ich will in the city” war meine Antwort. “Da musst du warten auf die number 58, our bus kommt zuerst, ist number 80, and danach comes die 58 and den musst du nehmen”. OK, ich war informiert aber bis endlich die 80 fuer Frau Oetzi-Ami kam, musste ich mir diese Erklaerung noch drei mal anhoeren. Das letzte mal direkt bevor sie in ihren Bus einstieg. Hatte etwas von der Mama, die ihr Kind belehrt, dass sie jetzt einsteigen muss, das Kind hier brav auf seinen Bus (Number 58) warten, nicht zu nah an die Strasse rangehen, nicht mit fremden Menschen mitgehen und, ueberhaupt, keinen Unsinn machen soll.

Number 58 kam wirklich kurz danach. Sie hatte wohl die Fahrplaene auswaendig gelernt. In ”the city” angekommen wollte ich zuerst meinVorhaben mit dem Guggenheim Museum in die Tat umsetzen. Pustekuchen…. das hat montags geschlossen. Es sollte nicht sein. Aber Bilbao ist ja gross und hat ja noch andere interessante Ecken und bei der Erkundung der Stadt ist mir natuerlich Frau Otzi-Ami noch dreimal ueber den Weg gelaufen. Ich schwoere, es war nicht an stadtbekannten Touristenschauplaetzen.

Nun gut, zwischen den freudigen Treffen war fuer mich einiges zu sehen so dass der Tag trotz der hartnaeckigen Frau Oetzi-Ami sehr entspannt verlief.

Ach ja, nicht vergessen, morgen geht es wieder auf den Camino. Diesmal bin ich wirklich entspannt, denn Frau Oetzi-Ami fliegt nach Hause. Ausserdem soll es eine leichte Etappe sein, erzaehlte mir mein Zimmergenosse Jorge, er ist sie heute schon als Tagestour gelaufen. Der Anfang waere beschwerlich, eine Treppe mit 379 Stufen(!!!!!) wuerde warten und danach kaeme nach 1 km ebener Strecke noch einmal 1 km “schwarze Piste”, leider jedoch aufwaerts und ohne Lift! Danach aber soll es nur total enspannt 21 km leicht abwaerts Richtung Ziel gehen.

Na denn… buen camino et hasta luego

Oliver

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4 Kommentare zu „Ruhetag!“

  • glowi sagt:

    Lieber Oli,

    ich leide förmlich mit dir, aber der Camino Frances war dir mit den paar Steigungen ja zu gewöhnlich. Ich kann mir die Strapazen bildlich vorstellen. Das ständige Auf und Ab ist auch nicht so meine Welt.
    Mit dem Asphalt geht es mir übrigens genauso. Haben die Schuhe ausreichende Dämpfung, ist es schöner auf ebenem Untergrund zu laufen, als ständig auf Geröll auszurutschen.

    Grüße direkt aus dem Büro auf die 21 km Etappe, von glowi

  • Lexi sagt:

    Gröhlllllll,
    mein lieber Oli die ersten Tagesberichte waren ja schon der Knaller, aber Frau Schwarzenegger für Arme toppt ja scheinbar alles. Du hast also viel Spass und auch noch nicht aufgegeben, das beruhigt mich und ehrlich gesagt hätte ich auch nichts anderes erwartet.
    Damit Du ein wenig beruhigt bist, in Leipzig schüttet es aus Kannen und ein paar davon haben sich soeben über mir ergossen beim Fahrrad fahren.

    Einen Motivations-Drücker für die nächsten Etappen!!!

    Lexi

  • Knut sagt:

    Hallo Oli,

    hey, ich lese deine Texte mit einem Lachen. Herrlich! Nicht nur das was dir bisher so passiert ist, auch wie du es schreibst. Mach weiter so und wir machen daraus ein Buch (auch wenns schon ein bekanntes gibt).

    Also, weiter so und ich freue mich immer auf neue Lektüre und Erlebnisse von dir!!

  • Karla sagt:

    Oh je, mein Lieber, da bist du ja an deinem Ausruhtag auf einen Typus Mensch gestoßen, den du normalerweise schon nicht brauchen kannst. Und dann an so einem Tag! Ich hoffe du hattest aber in den Pausen zwischen den Verbalattaken einen erholsamen Tag mit schönen Eindrücken.
    Konntest du mit der Anleitung schon was anfangen? Fax hat ja super geklappt. Ach ja, die gute alte Technik… und nicht diese neumodische Schnickschnack, der eh nicht funktioniert, wenn man ihn braucht… :-) )
    Unser erster Katalog nimmt Formen an, ist anstrengend, macht aber Spass.
    Selbigen wünsche ich dir morgen auf deiner nächsten Etappe.
    Schlaf gut – Deine Karla

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